Montag, 26. November 2012

Auf jedes Tief ein Hoch?

Gerade habe ich wieder ein Arbeitswochenende hinter mir und diesmal bin ich wirklich froh, dass es geschafft ist. Alle Schüler, bis auf ein Mädchen, Dania, sind am Wochenende nach Hause gefahren. Und weil es nur eine Schülerin zu betreuen gab, musste auch nur ein Betreuer dableiben und das war ich. Also hatte ich 2 Tage allein die Verantwortung für Dania, was echt schwer war, weil sie gerade in so einer Art "Krise" steckt. Sie ist also ziemlich aktiv, hat krasse Stimmungsschwankungen und haut auch mal einfach ab, wenn sie gerade Lust dazu hat. Und ich hab ja eigentlich gar nicht die Ausbildung dafür, um ganz allein jemanden zu betreuen, der pflegebedürftig ist, von daher war es wirklich ein schweres Wochenende. 
Heute waren wir 3 deutschen Freiwilligen auch noch bei Doktora, der Chefin, um vorsichtig zu fragen, ob es möglich wäre, dass wir ein bisschen mehr Freizeit zu dritt bekommen. In letzter Zeit kommen wir manchmal zu nicht wirklich viel anderem, als der Arbeit. 40Stunden die Woche wären schon fast ein Traum, aber davon sind wir etwas entfernt. Und das ist echt schade, weil wir ja hier sind, um auch das Land zu sehen und etwas zu erleben. Aber Doktoras  Antwort auf unsere Anfrage hat uns nicht wirklich was gebracht, sondern uns nur traurig gemacht. Was wir uns einbilden, hier an der Schule gibt es nun mal viel Arbeit und wenn wir nicht bereit sind, so weiter zu arbeiten, dann könnten wir ja auch gehen. Die würden schon neue Arbeitskräfte finden. Der Kommentar hat so richtig gesessen. Gerade fühle ich mich echt ungewollt hier. 
Vor allem, weil wir uns mit der Arbeit richtig Mühe geben und ich auch das Gefühl hatte, wir machen unsere Sache recht gut, dachte ich, sie würde uns ein bisschen mehr entgegenkommen und  netter sein. Wir sind wirklich gerne bereit zu arbeiten und es macht uns auch Spaß mit den Schülern zusammen zu sein. Aber ein bisschen mehr Freizeit wünschen wir uns schon auch. 
Im Moment bin ich also nicht so gut drauf... Aber mal schauen, bekanntlich folgt ja auf jedes Hoch ein Tief und andersrum ist es dann wohl genauso.

Donnerstag, 22. November 2012

"Für Vaterland, Flagge und Ruhm!"

Heut vor 69 Jahren, also am 22. November 1943 ist der Libanon ein unabhängiges Land geworden, nachdem er zuvor 23 Jahre lang französisches Mandatsgebiet gewesen ist. Und jedenfalls wird diese Unabhängigkeit hier an der Schule recht groß gefeiert. Seit einer ganzen Weile üben wir schon die libanesische Hymne, das ist aber auch nötig. Die ist nämlich in tiefstem Hocharabisch geschrieben und deshalb so schwer, dass einige Libanesen die selbst gar nicht richtig auswendig können oder überhaupt so richtig verstehen.
Hier ein Link dazu: Kulluna-l-el-watan
Aber ich finde, die klingt selbst gesungen viel schöner. Sobald meine Schüler die Melodie hören, stehen sie auch auf, salutieren und singen mit, und zwar so richtig laut. Mittlerweile habe ich die so oft gehört, dass sie mir gar nicht mehr aus dem Kopf geht. 
Da heute keine Schule ist, feiern wir die Unabhängigkeit morgen erst so richtig. Dazu trifft sich die ganze Schule im Theater und jede Klasse bereitet etwas vor, einen Tanz, ein Theaterstück, irgendwie sowas. Ich freu mich auf jeden Fall drauf, meine Klasse wird nämlich Dabke tanzen, den libanesischen Volkstanz, und der ist nicht nur richtig einfach, sondern macht auch richtig Spaß. :)


Die Flagge haben wir am Mittwoch zusammen mit den Schülern gemalt.




Da mir keiner hier die Hymne so richtig gut übersetzen konnte, hab ich jetzt mal bei Wikipedia geschaut und dort steht das so: 

Auf, ihr alle! Für Vaterland, Flagge und Ruhm!
Unser Mut und unsere Schriften suchen in den Altern ihres gleichen.
Unsere Berge und Täler bringen unerschütterliche Männer hervor.
Und der Vollendung widmen wir all' unsere Anstrengungen.
Auf, ihr alle! Für Vaterland, Flagge und Ruhm!
Unsere Vorväter und unsere Kinder, sie erwarten des Vaterlandes Ruf.
Und am Tage der Entscheidung werden sie wie die Urwalds Löwen sein.
Das Herz unseres Ostens ist auf immerdar der Libanon,
Möge Gott ihn erhalten bis zum Ende der Zeit.
Auf, ihr alle! Für Vaterland, Flagge und Ruhm!
Die Edelsteine des Ostens sind sein Land und seine See.
Durch die ganze Welt wirken seine guten Taten von Pol zu Pol.
Und sein Name ist sein Ruhm seit die Zeit begann.
Der Unsterblichkeit Zeichen -der Zederbaum- ist sein Stolz.
Auf, ihr alle! Für Vaterland, Flagge und Ruhm!


Sonntag, 18. November 2012

Ashura

Am Donnerstag war hier im Libanon schiitischer Feiertag und die Schule blieb geschlossen. Klar, dass die Schüler und meisten Lehrer das alle cool fanden, obwohl der Anlass für diesen Feiertag eigentlich eher ein trauriger ist.
Im schiitischen Islam geht man davon aus, dass Muhammed seinen Schwiegersohn und Vetter Ali als seinen Nachfolger bestimmt hat. Ali gilt bei den Schiiten also als 1. Imam. Diese Überzeugung hat übrigens zur Spaltung des Islam geführt, denn Sunniten glauben nicht an diese Nachfolgeregelung. 
Nachdem Ali im Jahr 661 aber ermordet wurde, wurde sein erstgeborener Sohn Hassan sein Nachfolger und 2. Imam. Und nach dessen Tod wiederum wurde sein Bruder Husain zum nächsten Nachfolger Muhammeds, zum 3. Imam ernannt und übernahm die Führung der Schiiten. 
Im Jahr 680 nach unserer Zeitrechnung kämpfte Imam Husain im Irak mit seinen Anhängern in der Schlacht von Kerbela gegen die Umayyaden. Für Husain und sein Heer war der Kampf aber aussichtslos, denn mit einer Truppenstärke von nur rund 70 Mann waren sie den Umayyaden mit rund 4000 Mann deutlich unterlegen und wurden regelrecht niedergemetzelt. In der Schlacht fielen Husain, der Sohn Alis und Enkel Muhammeds, sowie fast alle männlichen Verwandten. 
Diesem tragischen Ereignis gedenken die Schiiten nun jedes Jahr in 10-tägigen Trauerritualen. Diese finden immer an den ersten 10 Tagen des islamischen Monats Muharram, der auch Trauermonat genannt wird, statt. Ihren Höhepunkt und Abschluss finden die Rituale am 10. Tag, dem Aschura. Letzten Donnerstag war der Beginn der Trauerzeit. Seitdem kleiden sich die schiitischen Muslime nur in schwarz, im Fernsehen gibt es Ansprachen von Hassan Nasrallah (Führer der Hizbollah) zu dem Thema zu sehen, und auch Bilder von Selbstgeißelungen und weinenden Schiiten werden gezeigt. 
So, jetzt wisst ihr ein bisschen über die Hintergründe des Feiertages Bescheid, ich hoffe, das hat euch nicht allzu sehr gelangweilt ;) Ich weiß, das mit den Imamen und so ist bisschen kompliziert zu verstehen.
Aber was hab ich an dem Tag gemacht? Ich war in den wunderschönen Bergen des Libanon unterwegs! Unsere Chefin, Doktora, hat nämlich die ganze Residence, also Schüler und Betreuer zu sich nach Hause zu einem kleinen Picknick eingeladen. Und es war wirklich ein toller Ausflug. Die Landschaft des Libanon ist einfach sooo schön, das kann ich gar nicht oft genug erzählen. Und ich beneide  Doktora wirklich um den Ausblick, den sie von ihrem Balkon aus hat. Und ich habe dort den ehemaligen Innenminister des Libanon getroffen, der ist nämlich Doktoras Mann :) 
Abend waren wir dann noch mit den Schülern auf dem nahe gelegenen Pferdehof, einige haben sich sogar getraut, selbst zu reiten. Alles in allem war das so ein richtig schöner Tag, obwohl er sogar nicht dem eigentlichen Sinn des Feiertags entsprochen hat.  

Das ist doch 'ne schöne Aussicht, oder?

Mit Dr. Merhej, dummerweise gibt's kein Foto, auf dem wir alle ordentlich gucken ;)


Nathalie und Daniah, 2 der Schülerinnen 

Wenn die Schüler etwas so richtig lieben, dann ist es Tanzen. Immer und überall :)





Dienstag, 13. November 2012

Heute mal nur ein paar Bilder...



Das armenische Viertel in Beirut. Laut "Insidertipps" gibt es dort die besten Geschäfte der Stadt. Nur irgendwie haben wir die nicht gefunden. Da geh ich doch lieber in der Innenstadt shoppen :)

Ausblick in den Bergen

Hier waren wir mit Majed, meinem Arabischlehrer, bei einer Kollegin zum Essen eingeladen. 


Elie, der total süße Sohn der Gastgeberin :)
Ausnahmsweise lernen wir hier mal kein Arabisch zusammen, sondern genießen einfach den freien Sonntag. 

Sihams und mein Zimmer, in dem wirklich nur die 2 Betten und der winzige Tisch stehen. Unser Schrank ist im Flur. Auf die Frage, ob wir wenigstens noch 2 kleine Regalbretter an die Wände bekommen könnten, weil wir einfach keinen Stauraum haben, bekamen wir die nette Antwort: "Wieso? Ihr schlaft doch nur in dem Zimmer. Tagsüber seid ihr doch da eh nicht drin?!". Hm...so richtig verstanden habe ich noch nicht, was der benötigte Stauraum mit der Zeit zu tun hat, die wir im Zimmer verbringen. Und ich frage mich auch, wie wir uns denn wirklich zu Hause fühlen sollen, wenn wir jeder grade mal 2 Schrankfächer zur Verfügung haben und noch halb aus dem Koffer leben.

Donnerstag, 8. November 2012

Auf dem Riesenrad vergessen & mit dem Roller Beirut erkundet


Juhu! Gerade habe ich ein Päckchen aus Deutschland bekommen mit ganz viel Schokolade, meinem Kameraladegerät (ab jetzt muss ich keine Bilder mehr von den anderen schnorren ;) ) und tollen Fotos aus der Heimat. Danke Mutti, ich freu mich voll J
Und sonst waren die letzten Tage richtig gut ausgefüllt. Wir fangen nämlich jetzt schon an, alles für Weihnachten vorzubereiten, weil es wirklich viel zu tun gibt. Wir basteln Deko und Adventskalender für jede Klasse, üben das Krippenspiel und bereiten einen Weihnachtsmarkt vor.
 Außerdem wollen Siham und ich dieses Jahr noch unseren eigenen Workshop mit einigen Kindern starten. Es gibt hier total viele Werkstätten, in denen so coole Sachen wie Perlen, Taschen, Vasen, Säfte und vieles mehr von den Schülern hergestellt wird. Aber es gibt keine Angebote, bei denen die Kinder sich mal bisschen austoben können oder einfach sportlich aktiv werden. Und deshalb haben wir uns überlegt, einigen Schülern das Fahrradfahren beizubringen. Das können wir zwar nicht auf der Straße machen, aber hier gibt es einen großen Platz, der für den Anfang auch ausreicht. Aber bevor wir unsere Idee in die Tat umsetzen können, gibt es noch  viel zu tun. Wir müssen einen Lehrplan aufstellen, Schüler motivieren, mitzumachen, Fahrräder und Zubehör besorgen und so weiter. Und nebenbei fangen wir ab dieser Woche jeden zweiten Tag schon um 6.30 anstatt um 8.00 an zu arbeiten. Für mich als Langschläfer ist das ehrlich gesagt ziemlich grausam, und erinnert mich an das zeitige Aufstehen in der Schulzeit, aber da muss ich wohl durch ;)
Dienstag hatte ich einen richtig, richtig coolen Tag in Beirut. Da ich keine Nachmittagsschicht hatte, hat mich Majed, mein Arabischlehrer mit nach Beirut genommen. Dort sind wir natürlich als Erstes ans Meer gefahren, weil wir das beide einfach so  lieben. So sehr, dass wir immer noch darüber diskutieren, wer von uns es denn nun mehr liebt J Nachdem wir dann noch in einem Restaurant essen waren und die obligatorische Shisha geraucht haben, habe ich Majed auf einen kleinen Jahrmarkt und ins Riesenrad gezwungen. Das war sooo cool! Es war schon dunkel und von dem Riesenrad aus konnte man all die Lichter Beiruts sehen. Und so haben wir eine Runde nach der anderen gedreht und die ganze Zeit die Stadt unter uns bestaunt. Eine Runde…und noch eine Runde…und noch eine…und noch eine…. Und… Oh Gott, hat der uns etwa vergessen? Wir waren neben einem Ehepaar die einzigen Menschen auf diesem Riesenrad und der Betreiber hat es tatsächlich voll verpennt, das Ding wieder abzustellen. Und so sind wir eine gute halbe Stunde Riesenrad gefahren, was ich ziemlich super fand. J Danach wurde der Abend dann noch besser. Ich durfte nämlich Roller und Auto fahren!! Wir haben nämlich Majeds Bruder und dessen Frau und seinen Cousin besucht. Und weil ich meinte, dass ich mich so gern mal selber in den libanesischen Verkehr stürzen würde, in dem es scheinbar keine Regeln gibt, haben die mir sofort ihr Auto und ihren Roller angeboten. Da konnte ich wirklich nicht „Nein“ sagen und so saß ich 5 Minuten später auf dem Roller und konnte endlich mal libanesisches Fahrgefühl erleben. Ich kann es nur weiter empfehlen. Beirut ist an sich schon schön. Aber vom Roller aus und bei Nacht irgendwie gleich noch viel schöner. Und ich finde es auch viel einfacher zu fahren, wenn man nicht so sehr auf Schilder und Regeln wie „Rechts vor Links“ achten muss, sondern einfach schaut, wer noch auf der Straße ist, den im Auge behält und einfach ausweicht oder bremst wenn der/die/das näher kommt. Den Fahrstil mag ich J Auto bin ich danach auch noch gefahren, das war zwar mal wieder ganz schön, aber ich mag Verkehrsmittel mit 2 Rädern nach wie vor lieber.  Das Autofahren fehlt mir hier wirklich nicht. Aber mein Moped und mein Fahrrad hätte ich schon gern hier.
So, ich gönn mir jetzt ein Stück deutsche Schokolade und geh mit meiner wieder aufgeladenen Kamera ein paar Bilder machen. Bis bald! J