„Essen, essen und noch mehr
essen. Das machen Raupen den lieben, langen Tag. Bis sie irgendwann dick und
kräftig genug sind und sich verpuppen. Dann nehmen sie während des ganzen
Puppenstadiums überhaupt keine Nahrung mehr zu sich, sie „fasten“ praktisch. Manchmal
dauert das nur eine Woche, manchmal aber auch bis zu vier. Und am Ende, wenn
die Phase des Essens und die der Verpuppung vorbei sind, schlüpft ein schöner,
eleganter Schmetterling aus dem Kokon und breitet langsam seine Flügel aus, um
davon zu fliegen.“
Diese Worte
folgten auf meine Frage „Und warum genau fastet ihr Muslime jetzt eigentlich, mal abgesehen davon, dass der Koran es vorschreibt?“,
die ich einem guten Kollegen vor einer Weile gestellt habe. Und sie haben mich
ganz schön zum Nachdenken angeregt. Am letzten Dienstag hat hier nämlich der Ramadan,
der Fastenmonat der Muslime, begonnen. Das heißt, dass 30 Tage lang Muslime in
aller Welt von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang weder essen, noch trinken, noch
rauchen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr alle schon davon gehört habt.
Auf jeden Fall habe ich mich dazu
entschlossen, mitzufasten. Erst wollte ich ja eigentlich nur so ein, zwei Tage
lang probieren, ob ich genug Willen und Disziplin habe, um es durchzuhalten.
Mittlerweile ist schon eine Woche daraus geworden und ich möchte
unbedingt weiter machen. Am ersten Fastentag habe ich noch mit ungestilltem
Appetit und Durst gekämpft, aber beides war schon am zweiten Tag überhaupt kein
Problem mehr. Es ist nämlich gar nicht so schwer, wie ich es mir vorgestellt
habe. Das Einzige, was wirklich nervt, ist, dass ich langsam merke, wie ich
meinen Elan und meine Energie verliere. Ich brauche mehr Schlaf als vorher und habe
ständig das Gefühl, mich kurz ausruhen zu müssen.
Im Libanon beginnt das Fasten
jeden Tag so um ca. 4 Uhr morgens. Viele stehen deshalb um 3 Uhr nachts auf, um
noch schnell etwas Kleines zu essen, zu trinken oder zu beten. Bei mir gewinnt
jede Nacht auf’s Neue die Müdigkeit und ich trinke nur schnell ein Glas Wasser,
was immer griffbereit neben dem Bett steht. Abends um ca. 20.15 wird dann das Fasten gebrochen,
traditionell mit einer Dattel. Das ist der mit Abstand tollste Moment des
Tages. Schon früh morgens wenn ich aufstehe, freue ich mich darauf. Wenn wir
so kurz nach 20 Uhr mit unserer Arbeit fertig sind, beginnt in der Küche und auf der
Terrasse schon ein reges Treiben. Alle helfen mit, das Essen in das gute Geschirr,
was sonst nur zu besonderen Anlässen genutzt wird, einzufüllen; den Tisch zu
decken; Saft einzufüllen und alles schön herzurichten. Aber sobald das erste
„Allahuakbar“ („Gott ist groß“) ertönt, welches das Abendgebet einläutet, wird
es langsam ruhig. Jeder dankt im Stillen für das gegebene Essen und bricht das
Fasten mit einer Dattel. Danach gibt es immer einen Teller Suppe, bevor wir uns
über leckere, typisch libanesische Speisen hermachen. Normalerweise reicht mir
schon ein Teller und ich bin pappe satt. Außerdem muss immer ein bisschen
Platz für das Obst, das Dessert und meinen geliebten arabischen Kaffee im Magen bleiben, welche am späten Abend noch folgen. Bevor es dann irgendwann nach einem Abend voller guter Gespräche und leckerem Essens ins Bett geht, stehen erst alle nochmal in der Küche vor dem
Wasserspender Schlange. Schließlich ist es wichtig, aufzupassen, genügend zu
trinken, sonst kann man sich am nächsten Fastentag auf Kopfschmerzen
einstellen.
Ich kann euch sagen, ich liebe
diese Abende eines jeden Fastentages. Es ist so schön, mit allen zusammen
draußen zu sitzen und gemeinsam das Fasten zu brechen. Und jeden Abend denke ich, dass mir eine Mahlzeit nie besser geschmeckt hat als in diesem Moment. Das Fasten
lehrt mich nicht in erster Linie zu verzichten, sondern zu genießen und über
die Erfahrung bin ich wirklich froh. Nebenbei lerne ich auch noch, ein bisschen
libanesisch zu kochen. Wir bereiten das Essen immer schon in unserer
Mittagspause vor und zaubern dabei die leckersten Salate, Fleischgerichte und
Desserts. Ich versuche, mir die Rezepte gut einzuprägen, damit ich meine Freunde und Familie in Deutschland dann damit bekochen kann :)
Ich würde
so gern noch Bilder hochladen, in letzter Zeit habe ich so viele Schöne
gemacht. Aber leider ist unser Internet viel zu langsam, die letzte Woche hat
es gar nicht funktioniert. Ihr müsst also noch 3 Wochen warten, dann lade ich
die Bilder von Deutschland aus hoch.