Donnerstag, 30. Mai 2013

Bumm.

Als ich vor ein paar Tagen die Nachrichten gegoogelt habe, sind mir 2 Überschriften sofort ins Auge gesprungen: „Syrien-Krieg hat den Libanon längst erreicht“ (Tagesanzeiger) und „Die Hisbollah macht den Libanon zum Schlachtfeld“ (Welt). Als ich diese und noch weitere Schlagzeilen deutscher Zeitungen gelesen habe, war ich ziemlich erschrocken. Denn es stellt die momentane Lage im Libanon recht dramatisch dar. Diese Überschriften klingen, als hätte der syrische Bürgerkrieg schon längst übergegriffen und als wäre nun der ganze Libanon betroffen und destabilisiert.
Ich versuche jetzt mal, euch meine Sichtweise und mein Erleben der Situation hier zu schildern. Klar kann ich das auch nur subjektiv machen und nicht den Anspruch erheben, dass meine Einschätzung die Richtige ist. Aber ich kann immerhin behaupten, dass ich mich auch in dem Land aufhalte, über das ich schreibe und damit näher am Geschehen dran bin als einige der Journalisten, die von Europa und Amerika aus berichten und damit auch ein bisschen ihrer Fantasie in ihre Artikel einfließen lassen, anstatt bloß die Fakten zu nennen.
Sicher wisst ihr, dass am Sonntagmorgen um 6 Uhr 2 Raketen in Beirut eingeschlagen sind. Dabei ist niemand gestorben, aber 5 Menschen wurden verletzt. Dieser Anschlag gilt als Reaktion auf eine Rede die Hassan Nasrallah, der Generalsekretär der Hizbollah, am Samstagabend gehalten hatte. In dieser Rede hat er sich nicht nur öffentlich dazu bekannt, dass die Hizbollah in Syrien an der Seite des Assad-Regimes mitkämpft, sondern Assad auch die volle Unterstützung der Hizbollah bis zum Ende garantiert. Des Weiteren hat er Assad zugesichert, dass er nicht stürzen werde. Als Antwort darauf wurden dann Raketen als "Gruß" in ein Beiruter Viertel gesendet, in dem hauptsächlich Schiiten wohnen. Niemand hat sich offiziell zu dem Anschlag bekannt, aber man kann davon ausgehen, dass er von syrischen Rebellen oder zumindest Gegnern des Assad-Regimes begangen wurde. Kurz nach dem Anschlag hat Idriss, der Führer der Rebellengruppe „Freie Syrische Armee“ 
(FSA) die Hizbollah dazu aufgefordert, ihre Kämpfer sofort aus Syrien zurückzuziehen, sonst würden
 weitere Angriffe auf die Hizbollah im Libanon folgen. Heute Morgen hat mir außerdem eine
Kollegin erzählt, dass im libanesischen Sender MTV gestern bekannt gegeben wurde, dass in 3 Tagen weitere Angriffe auf die Hizbollah geplant seien. Diese sollen natürlich hauptsächlich in Gebieten
stattfinden, wo Schiiten leben und die Hizbollah Einfluss hat. Das wären dann die Hochebene Bekaa im Nordosten des Landes, das hauptsächlich schiitische Viertel Dahiye in Beirut, in dem regelmäßig Ansprachen Nasrallahs in einem riesen Saal übertragen werden und große Teile im Süden des Landes.
Und trotz allem muss man sagen, dass die Leute hier das alles noch recht entspannt sehen und einfach ruhig abwarten, was in den nächsten Wochen passiert. Nach den Raketenangriffen gab es keine bedeutenden Aufstände, Demonstrationen oder Kämpfe, es hat sich alles sehr schnell beruhigt. Im Moment wird tatsächlich nur in Tripoli gekämpft. Und Tripoli kann man in gewisser Weise als Ausnahme sehen, denn nur dort leben Alawiten. Auch die Assad-Regierung ist alawitisch, von daher ist dort die Kluft zwischen Unterstützern und Gegnern des syrischen Regimes noch größer und das Konfliktpotential stärker.
Zusammenfassend kann man sicher behaupten, dass der Libanon gerade vor einer Zerreißprobe steht und es langsam ein bisschen „ungemütlicher“  und angespannter wird. All die syrischen Flüchtlinge, 
die vielen toten Hizbollah-Kämpfer, die jeden Tag bestattet werden und die Zersplitterung der 
Parteien und Konfessionen untereinander machen die Sache noch schwieriger. Und an dieser Stelle finde ich es wirklich wichtig zu erwähnen, wie sehr sich die politischen Führer des Landes bemühen, den Frieden zu bewahren. Es gibt in diesem Land 18 unterschiedliche Konfessionen und all die verschiedenen politischen Lager sind extrem gespalten bis verfeindet. Ich denke, da kann man sich vorstellen, wie schwierig es ist, ein gewisses Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Ich glaube kaum, dass ein europäisches Land in der Lage wäre, die innen- und außenpolitischen Herausforderungen, vielmehr Probleme, zu bewältigen.
Dass der Bürgerkrieg aus Syrien bisher noch nicht hier übergegriffen hat, verdankt das Land einem gemeinsamen Ziel, dass alle hier teilen: Man will keinen Krieg. Der Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 und der Krieg mit Israel im Sommer 2006 haben ihre Spuren hinterlassen und die Menschen sind kaputt und müde von all den Kämpfen. Niemand will davon eine Wiederholung.
Jetzt können wir nur abwarten, ob die Bemühungen Erfolg zeigen oder ob der fragile Frieden nun doch durch den syrischen Bürgerkrieg und die damit verbundenen Ereignisse zerbricht. Aber ich fühle mich hier auf jeden Fall noch sicher.
Eins möchte ich noch loswerden, da ich im Internet ein bisschen über die Diskussion gelesen habe, ob man nun Waffen an syrische Rebellen liefern soll oder nicht. Wie können denn westliche Politiker das Eingreifen der Hizbollah in Syrien verurteilen und gleichzeitig ihr eigenes Einmischen durch Waffenlieferungen an Rebellen rechtfertigen? Wie können sie denn vorhersehen, dass die jetzigen syrischen Rebellen nach Assads Sturz in der Lage sein werden, dass Land gut zu regieren und Menschenrechte nicht mit Füßen zu treten? Man sollte bedenken, dass unter den syrischen Rebellen al-Qaida und al-Nusra-Mitglieder, Salafisten und Extremisten kämpfen, die der Westen doch sonst gar nicht gern hat. Die Waffen, die der Westen eventuell liefern wird, werden Menschen verletzen und töten. Und woher nimmt man das Recht, über Leben und Tod eines anderen Menschen zu entscheiden?
Man kann doch nicht einerseits die syrischen Kämpfe, all das Morden und Töten verurteilen und es dann selbst fördern. Falls der Westen nun auch offiziell in Syrien eingreift, dann sicher nicht aus purer Nächstenliebe und um das Leiden der Menschen dort zu beenden. Sondern schlicht und einfach um politische Interessen zu wahren.


Sonntag, 19. Mai 2013

Fazit der Woche: Eine Hausparty bringt auf jeden Fall mehr Spaß als ein Galadinner!


Hinter mir liegt eine richtig coole Woche, in der ich so einiges erlebt habe. Von besetzten Häusern ging es in eine Kirche und in ein Luxushotel, von der Stadtführung zum Galadinner und zu einer Hausparty. Aber erst mal eins nach dem andern…

Letztes Wochenende war ich mit einem Kollegen unterwegs und er hat mir eine Stadtführung durch Beirut gegeben. Erst dachte ich, dass es ziemlich langweilig werden würde, weil ich Beirut mittlerweile nun doch selber schon ganz gut kenne. Pustekuchen! Ich habe einige Teile von Beirut nochmal ganz neu kennen gelernt. Die meisten Bauten hier sind alle ziemlich neu, einerseits weil im Krieg so viel zerstört wurde und danach neu aufgebaut wurde, andererseits weil das Land generell in einem ziemlichen Bauwahn zu stecken scheint und alles neu und modern sein muss. Von daher gibt es hier zum Beispiel auch keine wirkliche Altstadt. Nur ein Viertel gibt es noch, dass noch im „alten Stil“, wie man hier sagt, erhalten ist. Und genau dort waren wir. Leider stehen viele Gebäude dort leer und niemand kümmert sich darum, sie zu erhalten. Und so verwahrlosen sie vor sich hin. Das Flair ist trotzdem noch erhalten und wenn man dort durch die Straßen läuft, fühlt man sich um 100 Jahre in der Zeit versetzt. Einige der leerstehenden Häuser wurden auch durch Künstler und Studenten besetzt und ich war erstaunt, wie cool die sich dort eingerichtet haben. Gleich das erste Haus, in dem wir waren, hat mich total begeistert. Im Keller hatte sich jemand ein kleines Fotostudio eingerichtet, das gesamte Erdgeschoss war ein einziger riesiger Aufenthaltsraum, im 1. Stock gab es ein richtiges kleines Tanzstudio und ein Büro für Architekturstudenten und im obersten Stock hat sich jemand eingerichtet, um dauerhaft dort zu leben. Das schönste aber waren die Dachterrasse und der Garten. Der Blick vom Dach aus war richtig toll, auf der einen Seite hatte man einen super Blick aufs Meer, auf der anderen konnte man die Bauten Beiruts bestaunen. Und im Garten waren gerade 5 Leute am Boden umgraben und pflanzen, während drum herum gefeiert und gegessen wurde. Und selbst in den kleinsten, hintersten Winkeln des Hauses gab es noch etwas zu bestaunen. Mal waren es Antiquitäten, mal wunderschöne Gemälde und mal die Leute dort an sich. Will man junge und kreative Leute treffen, ist das Viertel wirklich ideal.



An dem Tag habe ich auch noch sooo leckeren Kaffee im ältesten Kaffeehaus der Stadt getrunken, Superhelden im Marvel-Museum bewundert und mich mitten in einer Kirche ins Gras gelegt. Wie das geht, mitten in einer Kirche? Naja, die Kirche war schon recht alt, ich glaube sie wurde so Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut. Irgendwann muss irgendjemand irgendwie das Dach dieser Kirche entfernt haben und die gesamte Inneneinrichtung mitgenommen haben, so das heute nur noch die Kirchmauern stehen und innen Gras wächst. Eigentlich war die Kirche eingezäunt, aber sie sah so faszinierend aus, mit dem wuchernden, märchenhaften Garten innen drin und drum herum, dass wir einfach über den Zaun klettern mussten um im Innern der Kirche kurz Pause zu machen. Abends bin ich dann noch mit Siham und einer Kollegin weggegangen und wir haben das Wochenende in einem echt lustigen Mädelsabend ausklingen lassen. 

Am Montag gab es dann noch eine kleine Überraschung für mich. Mir wurde gesagt, dass ich am Mittwoch zu einem Galadinner im 4-Jahreszeiten-Hotel am Yachthafen in Beirut gehen würde. Das Galadinner wurde von der Dirkektorin unserer Schule ausgerichtet und dazu waren „die Reichen und Schönen“ des Libanon eingeladen. Das Ganze war dazu da, um Spenden für unsere Schule einzusammeln. Dummerweise hatte ich nicht grad zufällig ein elegantes Kleid und hübsche Pumps im Schrank, also musste ich Dienstag noch schnell nach der Arbeit los ein Kleid, Schuhe und Schmuck shoppen. Und nachdem ich dann am Mittwoch noch beim Friseur war, um meine Haare ein bisschen zurechtschneiden zu lassen, ging es am Abend los zu der mit Abstand luxuriösesten Veranstaltung meines Lebens. Unter den Gästen waren ein paar Minister des Libanon, Botschafter oder Vertreter von Botschaften, Unternehmer und und und, kurz gesagt, Leute mit Namen und Geld. Ich fand es faszinierend, so viel Reichtum versammelt zu sehen. Aber ich fand es auch bisschen erschreckend. Einige Leute dort waren echt nett, aber andere wiederum haben wohl vergessen, wie man Leute, die nicht aus der eigenen Gesellschaftsschicht stammen, begrüßt oder behandelt. Lustig wurde es dann aber beim Essen. Nachdem ich kurz beobachtet habe, wie man möglichst elegant isst, habe ich mir ein Brötchen genommen und mit beiden Händen in mich rein gemampft ;) Beim folgenden 3-Gänge-Menü habe ich mir dann aber auch ein bisschen Mühe gegeben, beim Essen gut auszusehen. Unterhalten wurden wir durch Geigenspieler, die zwischen den Tischen herumgelaufen sind und später noch durch die berühmtesten Comedians des Landes. Mein persönlicher Höhepunkt des Abends war eine Auktion, während der für ein paar tausend Dollar Handtaschen, Bilder und Teppiche versteigert wurden. Mir sind fast die Ohren abgefallen, als ich die Gebote gehört habe, von so viel Geld kann man monatelang gut leben! Mein Tiefpunkt des Abends war aber die Begegnung mit meinem libanesischen Zahnarzt. Vor ein paar Monaten hatte ich Zahnschmerzen, weil mein letzter Weisheitszahn langsam durchkommt und bin zum Zahnarzt gegangen. Dieser hatte mir noch vor der Behandlung angeboten, doch auch mal seine Söhne kennen zu lernen. Auf jeden Fall konnte er den Weisheitszahn damals noch nicht ziehen und hat mir stattdessen gesagt, ich solle einmal pro Monat vorbei kommen und dann würde er den Zahn irgendwann ziehen. Natürlich bin ich nicht gegangen, weil Zahnarztbesuche mir immer noch Angst machen und die Zahnschmerzen nach einer Weile verschwunden sind. Ich konnte ja auch nicht damit rechnen, ihn nochmal wieder zu treffen und dann auch noch auf dem Galadinner. Er hat mir dann eine kleine, aber lieb gemeinte Standpauke gehalten und mir nahe gelegt, auf jeden Fall bald zur Durchsicht zu kommen. Na mal sehen was daraus wird.
Der Abend ging auf jeden Fall recht schnell vorbei und ich war nicht böse darüber. Das war nicht wirklich was für mich, mir hat der Flair gefehlt, die Leute hatten Geld aber teilweise schien es nicht, als ob sie auch genauso viel Charakter hätten. Ich bevorzuge auf jeden Fall eine Party mit meinen Freunden, wo ich einfach locker Spaß haben kann. Und genau den Spaß hatte ich dann am Freitagabend mit Siham auf einer Party, die so gar nicht wie das Galadinner war. Wir waren bei einem Freund zur Hausparty eingeladen und haben ausgelassen gefeiert. Es waren Leute aus Frankreich, Kanada, dem Iran, Libanon und Deutschland da und es war einfach super. Wir haben Raclette gemacht und nachher gab es noch Schokofundu und Kuchen, den wir gleich so alle zusammen von der Platte gegessen haben. Als Nachtisch nach dem Nachtisch wurde dann der Martini und Vodka geöffnet und wir haben getanzt, bis wir nicht mehr konnten und uns kurz auf dem Balkon an der frischen Luft ausruhen mussten. Siham und ich sind erst und 5 Uhr wieder zurück in der Schule gewesen und hatten ziemliches Glück, dass wir noch rein gekommen sind und uns trotzdem niemand beim so späten Heimkommen erwischt hat. Dummerweise habe ich dieses Wochenende Schicht und musste um kurz nach 8 schon wieder raus, aber ich hatte Glück und meine Arbeit war entspannt. Gestern, also Samstagabend, waren wir nochmal mit ein paar Leuten etwas trinken, die auch mit auf der Party waren. Es wurde wieder eine richtig gute Nacht, im Pub wurde arabische Livemusik gespielt und nicht Wenige tanzten auf den Tischen. Ich habe mir aber vorgenommen, heute gleich nach der Schicht ins Bett zu gehen, damit ich meinen Schülern morgen früh nicht erklären muss, warum ich so müde bin.
Diesmal gibt es leider nicht so viele Bilder, weil meine Kamera gerade ein bisschen spinnt. Aber Fantasie ist ja auch was Schönes und da könnt ihr einfach ein bisschen eure Vorstellungskraft trainieren ;) Ich wünsche Euch eine echt schöne Woche!
 

Die beiden Männer sind Comedians. Und auch wenn sie so bekannt sein sollen, kannte ich sie nicht. 

Und jetzt die Bilder von der Hausparty:







Sonntag, 12. Mai 2013

Zum Muttertag

Liebe Mutti

19 Jahre bist du nun schon für mich da,
Und du sollst wissen, was für eine schöne Zeit das war. 
Ich weiß, ich war nicht immer das einfachste Kind.
Ziemlich oft stur, zickig und immer ein kleiner Wirbelwind. 
Schon im Kinderwagen habe ich dir die Ohren voll geschrien,
Und dann, endlich volljährig, wollte ich auch noch in den Libanon gehn! 
Ich weiß, du machst dir oft viele Sorgen und Gedanken,
Aber deine Liebe zu mir gerät nie ins Wanken. 
Du fandest selten alle meine Pläne toll,
Und trotzdem unterstützt du mich immer voll.
Um keinen Preis der Welt wöllte ich eine andere Mutti haben,
Dafür, dass es dich gibt, möchte ich dir "Danke" sagen. 




Montag, 6. Mai 2013

Kunzingers und Schmidts mischen den Libanon auf

Die letzte Woche war mit Abstand die schönste während meiner bisherigen Zeit hier im Libanon. Denn ich hatte endlich Besuch aus Deutschland, genauer gesagt aus Ullersdorf! Mutti, Vati und unsere Lieblingsnachbarn, Familie Schmidt, sind Samstagmorgen um 3 Uhr auf dem Beiruter Flughafen gelandet, um den Libanon ein bisschen aufzumischen ;) Und während die 5 alle Pass- und Sicherheitskontrollen durchliefen, stand ich ganz aufgeregt hinter den Sicherheitsabsperrungen im Ankunftsterminal und kämpfte mit meiner Ungeduld. Bis ich dann eeendlich das suchende Gesicht meiner Mutti gesehen habe, die mich unter all den anderen Wartenden nicht gleich entdeckt hat. Ich glaube, ihr könnt Euch vorstellen, wie groß die Wiedersehensfreude bei uns allen war. ;)
Jetzt mussten wir natürlich erst mal zum Hotel kommen. Das ging leider nur mit zwei Taxis, da wir 6 Personen mit all den Koffern nun doch ein bisschen zu viel für ein Taxi waren. Und so wurde schon die erste Taxifahrt im Libanon für meine Familie ein Erlebnis. Beide Taxifahrer waren Raser und man hat sich mehr an ein Autorennen als eine normale Taxifahrt erinnert gefühlt. Noch dazu haben sich die beiden Taxis verloren und besonders meine Mutti hat sich ein bisschen Sorgen um Schmidts gemacht, die allein in einem Taxi saßen und kein Wort Arabisch konnten. Auf meinen nicht wirklich ernst sondern eher lustig gemeinten Spruch "Naja, hoffentlich werden sie nicht entführt...", sind ihr auch ganz kurz die Gesichtszüge entgleist, bevor sie lachen konnte :) Am Ende haben's aber natürlich beide Taxis zum Hotel geschafft. Dort haben wir dann noch bis um 5 Uhr morgens gequatscht, bis wir alle ziemlich müde in unsere Betten gefallen sind. So gegen um 11 haben wir es dann auch raus aus unseren Betten geschafft und haben den Tag mit einem leckeren, libanesischem Frühstück eingeläutet. Es gab frischgepressten Orangensaft mit "Manouché", das ist so was Fladenbrot- und Pizza-ähnliches, was mit Käse, Thymian & Olivenöl, Quark oder einer Tomatenpaste bestrichen wird. Auf jeden Fall ist es sehr lecker :)
Und danach begann gleich eine kleine Stadtführung in Beirut. Wir haben Downtown abgeklappert, also das Nobelviertel mit all den tollen Designerläden was an allen Enden von Soldaten bewacht wird, standen vorm Parlament, waren in der Rafiq-Hariri-Moschee und am Grab des ehemaligen Premierministers, und natürlich sind wir auch am Meer entlang spaziert, vorbei am Yachthafen und dem Wahrzeichen Beiruts, der Raouché. Die Raouché ist der weltweit größte im Meer aufragende Felsen und sieht noch dazu auch wirklich schön aus. Da Schmidts und Kunzingers aus Deutschland gutes Wetter mitgebracht hatten, war es so heiß, dass wir zwischendurch Pause im Café machen mussten. Den Tag haben wir dann am "weißen Strand" von Beirut ausklingen lassen. Dummerweise ist das ein öffentlicher Strand und es ist nicht so gut angesehen, wenn Frauen im Bikini schwimmen gehen. Ganz schön ungerecht ist das. Naja, da sind Marion, Anne und ich dann eben in Sachen baden gegangen. Es war zwar schön erfrischend, aber habt ihr mal probiert, mit Sachen zu schwimmen? Das macht sich gar nicht...
Sonntag waren wir dann in meiner Schule und auf dem lauten, überfüllten Sonntagsmarkt. Und abends waren wir richtig typisch libanesisch Essen. Mit allem, was dazu gehört. Und das heißt, dass alle wenigstens einmal Wasserpfeife rauchen mussten. Es wurde ein sehr lustiger Abend, denn nicht alle haben das Shisharauchen gleich hinbekommen und da musste erst mal viel geübt werden ;) Aber irgendwie haben doch alle Gefallen am Rauchen gefunden, selbst die striktesten Nichtraucher unter uns, und so wurde die Shisha während unserer Woche zu einer Art treuem Freund. Schmidts haben sogar eine als Souvenir mitgenommen und ich wette, Vati hat unsere Shisha schon aus dem Keller geholt und in seine Samstagabende vor dem Lagerfeuer integriert.
Für Montag hatten wir uns einen Kleinbus mit Fahrer gemietet, der uns in den Chouf, also die Zedernwälder gebracht hat. Da die Zedern nur in bergigen, hohen Gebieten wachsen, sind wir gleich noch Wandern gegangen. Ich dachte ja, dass ich mich hier im Libanon ein bisschen mit dem mir früher so verhassten Wandern angefreundet hätte. Aber in der Hitze war es doch recht mühsam. Dafür war ich abends glücklich, als ich gesehen habe, wie braun (teilweise auch rot) ich geworden bin :)
Dienstag ging es dann zur "Lady of Lebanon", der großen Marienstatue Harissa. Sie liegt auf einem Berg, sodass man mit einer Gondel hochfahren muss und dabei den genialen Ausblick auf Beirut, Jounieh und das Meer genießen kann. Später ging es dann weiter nach Byblos, wo wir Ruinen (unter anderem ein recht kleines, niedliches Amphitheater), Fischfossilien, die historischen Märkte und den kleinen Hafen besichtigt haben. Und in Byblos haben wir dann auch endlich einen super Touristenstrand gefunden, wo man ohne Bedenken baden gehen konnte.
Mittwoch wurden wir eingeladen, an einem kleinen Ausflug mit einigen Betreuern und einem Schüler meiner Schule mitzufahren. Und so sind wir in die Berge gefahren, wo wir die Seele baumeln lassen konnten und so richtig entspannt haben. Und als einer unserer Fahrer noch 2 Wasserpfeifen besorgt hat, war die Freude groß. Noch besser wurde es, als alle anfingen zu tanzen. Nachdem wir beim libanesischen Volkstanz zugeschaut hatten, haben Mutti und Vati und Diethelm und Marion dann noch deutsche Standardtänze vorgeführt. Selbst eine Runde Limbo wurde getanzt. Nach dem ausgelassenen und fröhlichen Tanzen und Rauchen ging es zu Kaffee und Kuchen zu meiner Chefin. Sie hatte extra deutschen Apfelkuchen gebacken und der war köstlich!
Ohje...ich hab schon so viel geschrieben. Da versuch ich jetzt mal, mich bisschen kürzer zu fassen. Donnerstag waren wir dann noch in einer Grotte und in einem voll interessanten Museum der Hizbollah. Dort wird erklärt, wie sich der libanesische Widerstand gegen Israel geformt hat und man kann noch Waffen, Panzer und Bunker vom Krieg 2006 anschauen. Außerdem werden dort Kriegsstrategien und Strukturen der israelischen Armee aufgezeigt- ganz zum Ärger Israels natürlich. Aber man muss die Sache halt auch ein bisschen kritisch betrachten, denn die Hizbollah nutzt das Museum auch als Propagandamittel.
Freitag waren wir dann noch ein bisschen in der Stadt bevor es um Mitternacht zurück zum Flughafen ging und wir Abschied nehmen mussten. Vorher hatte ich passenderweise noch ein kleines Chaos im Bad angerichtet. Das Rohr unter dem Waschbecken ist nämlich abgefallen als ich dran gestoßen bin und  so durfte Vati nochmal als Klempner und Putzfrau ran ;) So verflog aber auch die erste gedrückte Stimmung, bis es dann wirklich hieß Abschied nehmen und nun alle traurig waren. Das war richtig doof. Wir hatten alle eine richtig schöne und lustige Woche und ich habe gemerkt, dass mir hier im Libanon eigentlich nix fehlt außer meiner Familie und meinen Freunden. Um kurz nach 12 haben wir uns dann also verabschiedet und sind in unterschiedliche Richtungen gegangen. Meine Eltern und Schmidts zu ihrem Terminal auf dem Flughafen, von wo aus sie nach Deutschland geflogen sind und ich bin zurück zum Hotel gefahren und habe dort noch eine Nacht allein verbracht. Es war echt ein schöner Urlaub und liebe Mutti, lieber Vati, lieber Diethelm, liebe Marion und liebe Anne, ich freu mich wenn ihr mich mal wieder besuchen kommt. Das nächste Mal dann ja vielleicht in Kuba, der Mongolei oder im Iran ;)







Siham und ich vor dem Märtyrerdenkmal im Hizbollah-Museum