Mittwoch, 31. Oktober 2012

Das islamische Opferfest, Byblos & komische Krächzlaute

So, die Überschrift in diesem Post ist auf jeden Fall richtig, das habe ich 5x kontrolliert nachdem ich im letzten Post aus Versehen "Alttag" statt "Alltag" geschrieben habe, peinlich peinlich ;)
Die letzten Tage waren alle ziemlich vollgestopft, aber auch richtig schön, mittlerweile dürfen wir nämlich wieder raus, weil sich die Lage ziemlich beruhigt hat. Hier scheint alles normal und beim Alten zu sein, der Anschlag wird nur noch recht selten erwähnt. 
Letztes Wochenende wurde hier von Freitag bis Sonntag Eid al-Adha (Opferfest). gefeiert. Das Opferfest ist eines der wichtigsten Feste im Islam und erinnert an den Propheten Ibrahim und seinen Sohn Ismail. Ibrahim hat Ismail unendlich doll geliebt, aber am wichtigsten war für ihn immer noch sein Gott, Allah. Und um Ibrahims Gottesliebe zu testen und diese dem Rest der Menschheit zu beweisen, gab Allah Ibrahim eines Nachts den Befehl, seinen Sohn Ismail zu opfern. Am nächsten Morgen nahm Ibrahim seinen Sohn beiseite, erzählte ihm von Gottes Befehl und fragte ihn, was er davon hielt. Und weil auch Ismail Gott mehr als alles andere liebte, stimmte er zu und folgte seinem Vater bis zu der Stelle, wo die Opferung stattfinden sollte. Für Ibrahim war das eine schwere Prüfung, wie sich sicher jeder vorstellen kann, der Kinder hat. Doch trotzdem zog er sein Messer. Und gerade in dem Moment wurde das Messer stumpf und Ibrahim und Ismail erblickten in einem nahen Gebüsch ein Schaf. So zeigte Gott Ibrahim, dass sein Vertrauen bewiesen war und er anstelle seines Sohnes das Schaf schlachten und opfern sollte. 
Sicher erkennen viele von euch die Geschichte, oder? Die findet man nämlich fast genauso auch in der Bibel. Für Muslime hat sie aber auch eine ganz große Bedeutung, denn sie zeigt auf, was Opfern im Islam bedeutet. Für Muslime heißt opfern, man verzichtet um Allahs Willen auf etwas, was man liebt. Und genau das wird ja in der Geschichte durch Ibrahims und Ismails Opferbereitschaft deutlich.
Dieses Wochenende sind also die meisten hier an der Schule zu ihren Familien gefahren und haben mit ihnen Adha gefeiert. Und ich...tja, ich hatte Schicht, bin dageblieben und habe auf Daniah aufgepasst. Daniah kommt aus Saudi-Arabien, hat keine Familie im Libanon und ist deshalb auch an der Schule geblieben. Ich bin ziemlich froh, dass ich dieses Wochenende arbeiten musste, denn mit nur einer Schülerin war es wirklich schön und entspannt. Wir haben Kuchen gebacken, gekocht, waren spazieren, haben Karten gespielt etc. Aber der Höhepunkt des Wochenendes war Sonntag. Da sind die wenigen Leute, die nicht nach Hause konnten, wie zum Beispiel wir Freiwilligen, Daniah, der Hausmeister und die Köchinnen nach Jbail (Byblos) gefahren. Jbail ist eine wunderschöne, ziemlich geschichtsträchtige Hafenstadt nördlich von Beirut. 
Der Begriff "Bibel" stammt übrigens vom Namen dieser Stadt ab. Zwischen 300 und 500 v.Chr. war Byblos der Haupthandelsort für ägyptisches Papyrus. Und weil die Stadt so bedeutend für den Handel mit Papyrus war, benannten die Griechen das Papier nach der Stadt. In Anlehnung an "Byblos" führten sie das Wort "Bibel" ein, was so viel wie Schriftrolle bedeutet. 
Heute zählt Byblos zum UNESCO-Weltkulturerbe, was auch berechtigt ist, wenn man sieht, was man dort alles besichtigen kann! Zum Beispiel kann man die Grundmauern von 2 Tempeln aus dem 3 Jahrtausend(!!) v. Chr. erkunden. Außerdem gibt es einen beeindruckenden Obeliskentempel, der ca. 1900 v.Chr. auf den Schutt eines älteren Tempels gebaut wurde. Auch aus dem 3. Jahrtausend vor Christus erhalten ist das frühbronzezeitliche Stadttor, an das sich die etwas jüngere Stadtmauer anschließt. Bei Ausgrabungen wurden außerdem Mauern von bronzezeitlichen Häusern sowie ein Königsfriedhof mit immens vielen Goldschätzen freigelegt (die Schätze sind heute nicht mehr in Byblos, sondern im Nationalmuseum in Beirut zu finden). Man findet in Byblos wirklich an jeder Ecke Sehenswürdigkeiten, viel zu viele, um alle aufzuzählen. Aber was mir besonders gut gefallen hat, war eine Säulenstraße von ca. 300 n. Chr. 
Leider habe ich keine Fotos von Byblos, weil der Akku meiner Kamera leer ist, ich in meiner Verpeiltheit das Ladegerät in Deutschland vergessen habe und die Post hier so langsam ist, dass das Päckchen mit dem Ladegerät noch nicht angekommen ist. Aber nach Byblos fahre ich sicher noch öfter, so toll ist es dort. Und das nächste Mal komme ich mit Hunderten von Fotos zurück! Ich glaube, spätestens in Byblos habe ich mich so richtig in das Land verliebt. All die alten Gassen mit den vielen kleinen  und typisch libanesischen Ramsch- und Antiquitätenläden, durch die man so schön spazieren kann, die Tempelruinen und der Blick auf das tiefblaue Meer dort haben mich voll verzaubert. Da kam total Urlaubsstimmung auf. Aber das Beste ist, dass der Ausflug als Arbeitszeit gilt, weil ich ja mit Daniah unterwegs und für sie verantwortlich war. So macht Arbeiten Spaß :) 
Seit letztem Montag gibt mir einer der Lehrer hier jetzt auch Arabischunterricht und der hat es tatsächlich in sich. Jeden Abend von kurz nach 10 bis kurz vor 12 pauken wir fleißig Vokabeln, üben die Aussprache (die mich tagtäglich in den Wahnsinn treibt! Es gibt hier Laute, die krieg ich einfach nicht auf die Reihe..."chchhhkrchzaeouchkrzchrr"...meine armen Stimmbänder...) und lesen und schreiben sogar! Und das alles zum Teil auch noch auf Hocharabisch, damit ich nicht nur Libanesisch lerne. Und es gibt in der Zeit ein totales Englisch-sprechen-Verbot. Selbst wenn ich ein Wort nicht verstehe, übersetzt Majed es mir nicht ins Englische, sondern erklärt es mir irgendwie mit den Wörtern die ich schon kann oder gibt mir als Hausaufgabe, die Bedeutung selbst herauszufinden. Das ist manchmal schon bisschen hart, aber so lerne ich es immerhin. Trotzdem fällt mir Arabisch wirklich schwer, so 'n richtiges Gefühl für die Sprache habe ich noch nicht. Und oft bin ich auch frustriert weil ich sooo langsam lerne und das Gefühl habe, gar nicht vorwärts zu kommen was das Sprechen angeht. Aber ich bin auch bisschen stolz auf mich, weil ich mittlerweile alle Buchstaben entziffern und schreiben kann. Nur leider bedeutet das im Arabischen nicht gleich, dass man auch richtig lesen und schreiben kann. Im Arabischen schreibt man nämlich nicht wie bei uns alle Vokale mit, sondern ässt die Kurzgesprochenen aus. Und manchmal werden die Vokale auch nicht als einzelner Buchstabe, sondern als Zusatzzeichen geschrieben. Und dann kommt noch dazu, dass es im Arabischen zum Beispiel mehrere entsprechende Buchstaben für die deutschen Buchstaben "s" oder "t" gibt. Es gibt auch jeweils zwei Buchstaben für die Laute "a" und"k". Das alles verwirrt schon ziemlich und führt dazu, dass man ein Wort erst so richtig lesen und schreiben kann, wenn man es schon auswendig gelernt hat. Mal schauen, wie viel ich bis zum Ende des Jahres kann, ist ja noch ein bisschen Zeit :) 
Lasst es Euch gut gehen! :) 


3 Kommentare:

Sindy hat gesagt…

Hallo Kunzi,
ich verfolge nun schon seit Anfang an deinen Blog und wollte mal eine kleine Nachricht hinterlassen. Das klingt alles echt sehr spannend und interessant, was du im Libanon erlebst. Man lernt richtig viel über das Land. Schaue auch öfters nach, ob du was neues gepostet hast. Schreibst wirklich sehr gut, sodass es viel Spaß macht, deine Erlebnisse nachzuvollziehen. Ich wünsche dir weiterhin tolle Erlebnisse, viel Kraft und drücke die Daumen, dass du dein jahr im Libanon vollenden kannst. Aber erst mal gehts ja über Weihnachten heim, was bestimmt auch toll ist. Liebe Grüße, Sindy (Julias große Schwester ;) )

Andrea und Matthias Fleischer hat gesagt…

Liebe Kunzi, ich bin total fasziniert von den Berichten über deine Erlebnisse. Du schreibst sehr interessant und ich kann kaum den nächsten Eintrag erwarten. Ich bin froh, dass sich die Lage bei euch entspannt hat. Wir haben uns schon Sorgen um dich gemacht. Weiterhin wunderbare Tage, viel Spaß mit deiner Klasse, bleib gesund und lass es dir gut gehen. Vielleicht sehen wir uns Weihnachten. Viele Grüße aus Deutschland von Andrea und Matthias Fleischer

Jule hat gesagt…

Weißte was noch peinlicher ist? Ich habs gar nich bemerkt, dass du Alltag/ Alttag falsch geschrieben hattest! :D
ich vermiss dich & denk an dich! ♥