Samstag, 22. September 2012

Meine erste Schulwoche hier :)


Schlafen, Arbeiten, zum Supermarkt gehen. So habe ich die Tage meiner ersten richtigen Schulwoche hier verbracht (zumindest in der Kurzfassung). Die Woche war aber auf keinen Fall so monoton, wie man auf den ersten Blick jetzt vielleicht denken könnte. Es gab während der 5 Schultage so viele schöne und lustige Momente. Aber leider auch viele, die mich schon ganz schön Kraft und Nerven gekostet haben.  Ehrlich gesagt ist die Arbeit mit pflegebedürftigen Schülern schon große Herausforderung, aber eine sehr schöne.
Jeden Morgen um 7.45 kommen die Schüler auf dem Schulhof an. (Da die Fista keine normale Schule, sondern eine Schule für Menschen mit Behinderung ist, sind die Schüler von 3 bis 70 Jahre alt.)  Dann bleibt noch ein wenig Zeit für etwas Smalltalk, ein „Hallo, wie geht’s?“ und schon geht’s los mit der Morgenrunde. Bei der Morgenrunde versammeln sich alle Lehrer und Schüler gemeinsam auf dem Schulhof, begrüßen sich, singen Lieder und sprechen Gedichte. Eine richtig schöne Form, den Tag zu beginnen. Danach geht’s in die einzelnen Klassen. Ich bin in einer 5. Klasse, in der es 10 Schüler gibt, die alle darauf vorbereitet werden sollen, eines Tages einen offiziellen Abschluss machen zu können. Eigentlich soll ich in der Klasse nur eine Art „Lehrerassistent“  und „Shadowteacher“ (jemand, der einen einzelnen Schüler den ganzen Tag extra betreut)  für Yousuf sein. Yousuf ist 8 Jahre alt, leidet an Muskelschwund, ist hypersensibel und es wirkt oft, als lebe er in seiner eigenen Welt. Aber er hat auch große Fähigkeiten. Zum Beispiel ist sein Gedächtnis extrem gut und von Wissenschaft und Technik hat er wahrscheinlich mehr Ahnung als ich.  Nur leider gibt es wenige Momente, in denen er so richtig ansprechbar ist und mit seiner Umwelt kommuniziert. Seine Betreuung sollte theoretisch wohl mal meine Hauptaufgabe sein. Aber praktisch habe ich in der vergangenen Woche die ganze Klasse jeden Tag mindestens 2 Stunden (einmal auch fast den ganzen Tag) allein übernommen und unterrichtet. Oft war ich gar nicht darauf vorbereitet und habe dann improvisiert. Die Woche ging das recht einfach, da der Unterricht nach Plan noch nicht wirklich begonnen hat und der richtige Lehrplan erst ab nächster bzw. übernächster Woche eingehalten werden muss. „Lehrplan“ passt auch gar nicht so richtig, weil das kein offiziell vorgegebener Unterrichtsplan ist, sondern der Lehrer sich am Anfang des Schuljahres zum größten Teil selbst überlegt, was er seinen Schülern beibringen möchte und danach dann so ein Curriculum aufstellt. Und so kommt es, dass es so coole Fächer wie „Natur erleben“, Drama oder Eurythmie gibt.
(Schonmal den Satz gehört: „Waldorf ist doch das, wo die ihren Namen tanzen“? Eurythmie ist eine der Waldorfpädagogik eigene Bewegungsform, ähnelt einer Art Ausdruckstanz. Dort lernt man zum Beispiel, Buchstaben, Worte und sogar ganze Gedichte durch Bewegungen auszudrücken. Daher auch das Klischee vom „Namen tanzen“. )
Ich werde in meiner Klasse für die Fächer Mathe, Musik, Englisch, Kunst und Kochen zuständig sein. Und sonst halt immer einspringen, wenn die Klassenlehrerin Miss Sandra was anderes zu tun hat. Was ziemlich häufig vorkommt, da sie so eine Art „Betreuungslehrerin“ und „Ansprechpartnerin“ für andere Lehrer und Klassen ist, bei denen Probleme auftauchen.
Was die Schule hier allgemein angeht, habe ich den Eindruck, dass grad einfach alles nur chaotisch abläuft. Es fehlen halt viel zu viele richtig gut und professionell ausgebildete Lehrer. Wir Freiwilligen zum Beispiel sollen von Anfang an allein in Klassen unterrichten, ohne je als Lehrer ausgebildet worden zu sein oder wirklich was zum Umgang mit den „Special Needs“ hier gelernt zu haben. In den letzten 2 Wochen habe ich eher so Sachen wie Erste Hilfe gelernt oder wie man sich bei Feuer und so was verhält (Merke: Brände bitte nicht mit Sand löschen. „Das macht alles so dreckig“). 
Allgemein bin ich echt zufrieden mit dem Unterricht morgens. Meine Klasse habe ich jetzt schon so sehr ins Herz geschlossen (auch wenn die Schüler natürlich ordentlich frech sein können ;) ), dass ich auf keinen Fall mehr in eine andere Klasse möchte! Und auch wenn ich oft noch überfordert mit meinen Aufgaben bin, freu ich mich darüber, dass mir so viel zugetraut wird und ich schon jetzt so viel Verantwortung übernehmen darf. Es ist eine Herausforderung, aber die nehme ich gerne an.
Wenn die Schüler dann um 2 nach Hause gegangen sind, bleiben die Lehrer noch bis um 3 in der Schule und bereiten sich auf den nächsten Tag vor oder klären Organisatorisches. Dann habe ich an 2 Tagen der Woche frei. An den 3 anderen Tagen arbeite ich nochmal von 4 bis um 7 oder 8 in der Residence und betreue die Schüler, die an der Schule wohnen. Die „Schüler“ sind alle zwischen 25 und 70 Jahren alt. Was mich echt überrascht hat, ist, dass das dieses Jahr nur 8 Leute sind! Das liegt daran, dass die Schüler, die sonst von außerhalb, wie zum Beispiel Saudi-Arabien oder Kuwait kamen, dieses Jahr aufgrund der Unruhen in Syrien und Nordlibanon nicht die Schule besuchen. In meiner Nachmittagsschicht habe ich dann besonders die Verantwortung für 2 junge Frauen, Daniah und Noura. Aber das kommt mir meist gar nicht wie Arbeit vor, da wir dann ja keine Schule mehr haben sondern so Sachen machen wie Spazieren gehen, Filzen oder einfach was spielen.
Wenn dann um 8 alle Betreuten schlafen, gehen wir 3 Deutschen immer noch einmal zum Mini-Supermarkt hier in der Nähe. Wir haben uns das als unser kleines tägliches Ritual angewöhnt. Nicht, um immer etwas zu kaufen. Sondern um einfach mal aus der Schule rauszukommen, uns zu bewegen und mal auf andere Menschen zu treffen. Mit den Brüdern, denen der Supermarkt gehört sind wir jetzt schon recht gut befreundet ;)
Ich denke, für heute ist das erst mal genug :) Was sonst noch so in der Schule passiert (nämlich einiges), davon später mehr ;)

Hier noch ein paar Bilder von letztem Wochenende... wir waren wandern ;)










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