Schlafen, Arbeiten, zum Supermarkt gehen. So habe ich die
Tage meiner ersten richtigen Schulwoche hier verbracht (zumindest in der
Kurzfassung). Die Woche war aber auf keinen Fall so monoton, wie man auf den
ersten Blick jetzt vielleicht denken könnte. Es gab während der 5 Schultage so
viele schöne und lustige Momente. Aber leider auch viele, die mich schon ganz
schön Kraft und Nerven gekostet haben. Ehrlich
gesagt ist die Arbeit mit pflegebedürftigen Schülern schon große Herausforderung,
aber eine sehr schöne.
Jeden Morgen um 7.45 kommen die Schüler auf dem Schulhof an.
(Da die Fista keine normale Schule, sondern eine Schule für Menschen mit
Behinderung ist, sind die Schüler von 3 bis 70 Jahre alt.) Dann bleibt noch ein wenig Zeit für etwas
Smalltalk, ein „Hallo, wie geht’s?“ und schon geht’s los mit der Morgenrunde. Bei
der Morgenrunde versammeln sich alle Lehrer und Schüler gemeinsam auf dem
Schulhof, begrüßen sich, singen Lieder und sprechen Gedichte. Eine richtig
schöne Form, den Tag zu beginnen. Danach geht’s in die einzelnen Klassen. Ich
bin in einer 5. Klasse, in der es 10 Schüler gibt, die alle darauf vorbereitet
werden sollen, eines Tages einen offiziellen Abschluss machen zu können.
Eigentlich soll ich in der Klasse nur eine Art „Lehrerassistent“ und „Shadowteacher“ (jemand, der einen einzelnen
Schüler den ganzen Tag extra betreut) für Yousuf sein. Yousuf ist 8 Jahre alt,
leidet an Muskelschwund, ist hypersensibel und es wirkt oft, als lebe er in
seiner eigenen Welt. Aber er hat auch große Fähigkeiten. Zum Beispiel ist sein
Gedächtnis extrem gut und von Wissenschaft und Technik hat er wahrscheinlich
mehr Ahnung als ich. Nur leider gibt es
wenige Momente, in denen er so richtig ansprechbar ist und mit seiner Umwelt
kommuniziert. Seine Betreuung sollte theoretisch wohl mal meine Hauptaufgabe
sein. Aber praktisch habe ich in der vergangenen Woche die ganze Klasse jeden
Tag mindestens 2 Stunden (einmal auch fast den ganzen Tag) allein übernommen
und unterrichtet. Oft war ich gar nicht darauf vorbereitet und habe dann
improvisiert. Die Woche ging das recht einfach, da der Unterricht nach Plan noch
nicht wirklich begonnen hat und der richtige Lehrplan erst ab nächster bzw.
übernächster Woche eingehalten werden muss. „Lehrplan“ passt auch gar nicht so
richtig, weil das kein offiziell vorgegebener Unterrichtsplan ist, sondern der
Lehrer sich am Anfang des Schuljahres zum größten Teil selbst überlegt, was er
seinen Schülern beibringen möchte und danach dann so ein Curriculum aufstellt.
Und so kommt es, dass es so coole Fächer wie „Natur erleben“, Drama oder Eurythmie
gibt.
(Schonmal den Satz gehört: „Waldorf ist doch das, wo die
ihren Namen tanzen“? Eurythmie ist eine der Waldorfpädagogik eigene Bewegungsform,
ähnelt einer Art Ausdruckstanz. Dort lernt man zum Beispiel, Buchstaben, Worte
und sogar ganze Gedichte durch Bewegungen auszudrücken. Daher auch das Klischee
vom „Namen tanzen“. )
Ich werde in meiner Klasse für die Fächer Mathe, Musik,
Englisch, Kunst und Kochen zuständig sein. Und sonst halt immer einspringen, wenn
die Klassenlehrerin Miss Sandra was anderes zu tun hat. Was ziemlich häufig
vorkommt, da sie so eine Art „Betreuungslehrerin“ und „Ansprechpartnerin“ für
andere Lehrer und Klassen ist, bei denen Probleme auftauchen.
Was die Schule hier allgemein angeht, habe ich den Eindruck,
dass grad einfach alles nur chaotisch abläuft. Es fehlen halt viel zu viele
richtig gut und professionell ausgebildete Lehrer. Wir Freiwilligen zum
Beispiel sollen von Anfang an allein in Klassen unterrichten, ohne je als
Lehrer ausgebildet worden zu sein oder wirklich was zum Umgang mit den „Special
Needs“ hier gelernt zu haben. In den letzten 2 Wochen habe ich eher so Sachen
wie Erste Hilfe gelernt oder wie man sich bei Feuer und so was verhält (Merke:
Brände bitte nicht mit Sand löschen. „Das macht alles so dreckig“).
Allgemein bin ich echt zufrieden mit dem Unterricht morgens.
Meine Klasse habe ich jetzt schon so sehr ins Herz geschlossen (auch wenn die
Schüler natürlich ordentlich frech sein können ;) ), dass ich auf keinen Fall
mehr in eine andere Klasse möchte! Und auch wenn ich oft noch überfordert mit
meinen Aufgaben bin, freu ich mich darüber, dass mir so viel zugetraut wird und
ich schon jetzt so viel Verantwortung übernehmen darf. Es ist eine
Herausforderung, aber die nehme ich gerne an.
Wenn die Schüler dann um 2 nach Hause gegangen sind, bleiben
die Lehrer noch bis um 3 in der Schule und bereiten sich auf den nächsten Tag
vor oder klären Organisatorisches. Dann habe ich an 2 Tagen der Woche frei. An
den 3 anderen Tagen arbeite ich nochmal von 4 bis um 7 oder 8 in der Residence
und betreue die Schüler, die an der Schule wohnen. Die „Schüler“ sind alle zwischen
25 und 70 Jahren alt. Was mich echt überrascht hat, ist, dass das dieses Jahr
nur 8 Leute sind! Das liegt daran, dass die Schüler, die sonst von außerhalb,
wie zum Beispiel Saudi-Arabien oder Kuwait kamen, dieses Jahr aufgrund der
Unruhen in Syrien und Nordlibanon nicht die Schule besuchen. In meiner
Nachmittagsschicht habe ich dann besonders die Verantwortung für 2 junge Frauen,
Daniah und Noura. Aber das kommt mir meist gar nicht wie Arbeit vor, da wir
dann ja keine Schule mehr haben sondern so Sachen machen wie Spazieren gehen,
Filzen oder einfach was spielen.
Wenn dann um 8 alle Betreuten schlafen, gehen wir 3 Deutschen
immer noch einmal zum Mini-Supermarkt hier in der Nähe. Wir haben uns das als unser
kleines tägliches Ritual angewöhnt. Nicht, um immer etwas zu kaufen. Sondern um
einfach mal aus der Schule rauszukommen, uns zu bewegen und mal auf andere Menschen
zu treffen. Mit den Brüdern, denen der Supermarkt gehört sind wir jetzt schon recht
gut befreundet ;)
Ich denke, für heute ist das erst mal genug :) Was sonst
noch so in der Schule passiert (nämlich einiges), davon später mehr ;)
Hier noch ein paar Bilder von letztem Wochenende... wir waren wandern ;)
Hier noch ein paar Bilder von letztem Wochenende... wir waren wandern ;)
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